Fotografieren ohne Kamera – geht denn das? Aber sicher doch!



Fotografieren ohne Kamera – geht denn das? Aber sicher doch!

Der WPK „(kameralose) Fotografieverfahren“ (Jahrgang 6; Leitung Frau Triebe) beschäftigt sich im ersten Halbjahr mit verschiedenen Formen der kameralosen Fotografie, um sich dann im zweiten Halbjahr der kontrastierend modernen digitalen Fotografie zu widmen.

In den ersten Wochen erarbeiteten sich die SchülerInnen selbstständig im rezeptiven Teil u.a. die Geschichte der Fotografie, lernten die verschiedenen Verfahren der kameralosen Fotografie kennen und wie die Menschen damals – ohne die uns bekannte Kamera – dennoch Dinge und Situationen ‚fotografisch‘ festhalten konnten. Den SchülerInnen war von Anfang an klar, dass ein Theorieteil vor der Praxis abgeleistet werden musste, da in den folgenden Wochen z.T. experimentell mit Chemikalien gearbeitet werden würde. Darüber hinaus ist eine intensive Beschäftigung mit der Theorie unabdingbar, um später im praktischen Teil den Herstellungs- und Entstehungsprozess der einzelnen Fotografieverfahren verstehen und nachvollziehen zu können. Mut, Kreativität, Experimentierfreude, aber auch eine gewisse Portion Frustration und viel Geduld gehörten fortan zum fotografischen Alltag der SchülerInnen.

Eines der ersten Verfahren, die die SchülerInnen erprobten, war das der Cyanotypie. Aufgrund der Blaufärbung wird dieses Verfahren auch „Blaudruck“ genannt und stammt aus dem Jahre 1842. „Vater“ dieses kameralosen Verfahrens ist der britische Naturwissenschaftler und Astronom Sir Henry Herschel. Das Besondere der Cyanotypie ist, dass diese auf einem Eisen- und nicht auf einem Silberverfahren basiert, wie es sonst bei der herkömmlichen Produktion von Fotoabzügen bis dato der Fall war. Vor allem Anna Atkins, eine britische Naturwissenschaftlerin, machte diese besondere fotografische Technik bekannt, indem sie mithilfe der Cyanotypien verschiedene Pflanzen „fotografierte“ und so für die Nachwelt dokumentieren konnte.

Um Blaudruckfotografien herstellen zu können, wird besonders saugfähiges Papier mit einer Mischung aus Kaliumhexacyanidoferrat(III) und Ammoniumeisen(III)-citrat und Ammoniumtrioxalatoferrat(III) eingestrichen und danach zum Trocknen in die Dunkelkammer gelegt wird. Wichtig ist zu beachten, dass das Anmischen der Lösungen unbedingt in der Dunkelkammer erfolgen muss, da die Lösungen lichtempfindlich sind. Anschließend sucht man sich einen Gegenstand aus (wie z.B. einen Gegenstand mit einer interessanten Umrissform oder ein Pflanzenblatt, etc.) und legt das Papier mit dem Gegenstand in das direkte Sonnenlicht. Je nach Tageslicht kann die Belichtungszeit zwischen 10 und 20 Minuten betragen.

Die Eisenverbindung wird in den belichteten Partien zweiwertig, entsprechend wasserunlöslich und es bildet sich der Farbstoff „Berliner Blau“. Die Teile, die unbelichtet sind, sind wasserlöslich und werden im Anschluss unter klarem, fließendem Wasser ausgewaschen, sodass keine (weitere) Entwicklung stattfindet. 
Dort, wo die Gegenstände vorher lagen, erscheint eine weiße Umrissfläche, das restliche belichtete Papier färbt sich blau. Zu sehen sind verschiedene Schülerarbeiten:
Während einige SchülerInnen eher gegenständlich und „klar“ gearbeitet haben (und sich hierbei Gedanken bzgl. der Positionierung auf dem Bild machten), ließen sich die Anderen eher auf ein experimentelles Arbeiten ein. So sieht man bei diesen Arbeiten keine klare Konturenführung, Linien und Formen verschwinden, gehen ineinander über, besitzen einen sehr schemenhaften Charakter, sodass sie fast schon aus dem Papier „hinauszuschweben“ scheinen.